Was ist Multiple Sklerose (MS)?

Was ist Multiple Sklerose (MS)?

Multiple Sklerose – allein der Name klingt schon irgendwie einschüchternd, oder? Aber was steckt eigentlich dahinter?

MS ist eine Krankheit, über die viel geredet wird, und doch wissen die meisten nur wenig darüber, was sie wirklich bedeutet. Weil ich hier im Blog bisher vor allem über einzelne Aspekte meines Alltags mit MS geschrieben habe, möchte ich jetzt einen Schritt zurückgehen und erstmal die Grundlagen erklären.

Vielleicht bist du zufällig auf meinen Blog gestoßen, vielleicht kennst du mich schon länger, oder du suchst gerade nach Infos, weil du oder jemand in deinem Umfeld eine Diagnose mit dem mysteriös klingenden Namen Multiple Sklerose (kurz MS) erhalten habt. Egal warum: Willkommen! Ich erkläre dir, was es mit dieser Erkrankung auf sich hat – verständlich, ohne Fachchinesisch und so bodenständig wie möglich.

Mit diesem Artikel will ich aufklären, Mythen ausräumen und den Startschuss für eine Reihe weiterer Beiträge über MS geben. Also, was ist MS, was passiert im Körper, und wie fühlt sich das Leben damit an? Los geht’s!

Wenn du Fragen zu MS hast oder jemanden zum Reden brauchst, schreib mich gerne an! 🙂


Die Basics: Was passiert bei MS eigentlich?

MS ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Okay, das klingt kompliziert. Einfach gesagt: Dein Immunsystem, das eigentlich nur böse Eindringlinge wie Viren oder Bakterien bekämpfen sollte, greift versehentlich deine eigenen Nervenzellen an. Genauer gesagt, die Schutzschicht der Nervenfasern, das Myelin. Stell dir Myelin wie die Isolierung eines Stromkabels vor – wenn die beschädigt wird, kann der Strom nicht mehr ungestört fließen.

Das führt dazu, dass die Signale zwischen deinem Gehirn und dem Rest deines Körpers nicht mehr so reibungslos übertragen werden. Was genau das bedeutet, ist von Mensch zu Mensch verschieden, aber dazu gleich mehr.

Symptome: Die Vielfalt der MS

Eines vorweg: MS wird auch die Krankheit der 1000 Gesichter genannt, und das aus gutem Grund. Kein Verlauf gleicht dem anderen, und die Symptome können sich von Tag zu Tag verändern. Hier ein kleiner Überblick, was passieren kann (aber nicht muss):

  • Fatigue: Nicht „Ich bin müde“, sondern „Ich kann meine Augen partout nicht mehr offenhalten und schlafe quasi im Stehen ein.“
  • Gefühlsstörungen: Kribbeln, Taubheit oder ein seltsames „Ameisenlaufen“ an Händen, Füßen oder anderen Körperstellen.
  • Sehstörungen: Verschwommenes Sehen, Doppeltsehen oder das Gefühl, durch eine milchige Fensterscheibe zu gucken.
  • Schwäche oder Koordinationsprobleme: Zum Beispiel Probleme, Dinge festzuhalten, zu gehen oder gerade zu stehen.
  • Spastiken: Schmerzhafte Muskelverkrampfungen, die Bewegungen erschweren können.
  • Blasen- und Darmprobleme: Dazu zählen häufigerer Harndrang, Schwierigkeiten, die Blase vollständig zu entleeren, oder Verstopfung.
  • Lhermitte-Zeichen: Ein elektrisierendes Gefühl entlang der Wirbelsäule, wenn der Kopf nach vorne gebeugt wird.
  • Schmerzen: Ja, MS kann wehtun, auch wenn das lange Zeit kaum ernst genommen wurde.
  • Kognitive Probleme: Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, manchmal als „Brain Fog“ bezeichnet.
  • Depressionen oder Stimmungsschwankungen: Diese können Teil der Krankheit sein oder als Reaktion auf die Belastung entstehen.

Du siehst: MS ist ziemlich kreativ, was die möglichen Symptome angeht. Aber keine Sorge, die wenigsten Menschen erleben alles gleichzeitig, und es gibt mittlerweile viele Möglichkeiten, mit den Beschwerden besser umzugehen.

Was MS nicht ist

Bevor du dir falsche Vorstellungen machst (oder dich von den Mythen und Klischees anderer verunsichern lässt), lass uns kurz klären, was MS nicht ist:

  • Kein Muskelschwund: MS betrifft die Nerven, nicht direkt die Muskeln. Schwäche oder Bewegungsprobleme entstehen durch gestörte Signalübertragung, nicht durch Muskelabbau wie bei Krankheiten wie ALS.
  • Nicht zwangsläufig ein Leben im Rollstuhl: Viele Menschen mit MS können ihr Leben lang gehen und bleiben aktiv. Der Rollstuhl ist für manche nur ein Hilfsmittel, das ihnen Freiheit und Mobilität zurückgibt.
  • Kein Todesurteil: MS ist zwar chronisch und unheilbar, aber sie verkürzt das Leben nicht.
  • Nicht immer sichtbar: MS ist oft eine unsichtbare Krankheit. Nur weil man jemandem die Krankheit nicht ansieht, heißt das nicht, dass er oder sie keine Beschwerden hat.

Formen der MS: Nicht jede Diagnose ist gleich

Es gibt verschiedene Verlaufsformen der Multiplen Sklerose, die den Krankheitsverlauf beschreiben:

  1. Schubförmig-remittierende MS (RRMS): Die häufigste Form. Es kommt zu klar abgrenzbaren Schüben, also Zeiten, in denen Symptome auftreten oder sich verschlimmern. Danach können sie sich vollständig oder teilweise zurückbilden.
  2. Sekundär-progrediente MS (SPMS): Diese Form entwickelt sich oft aus der schubförmigen MS und bedeutet, dass die Symptome langsam zunehmen, auch ohne Schübe.
  3. Primär-progrediente MS (PPMS): Von Beginn an schreitet die Krankheit langsam, aber kontinuierlich voran, ohne klare Schübe.

Ursachen: Warum ausgerechnet ich?

Die genaue Ursache von MS ist bis heute nicht bekannt. Forscher vermuten eine Mischung aus genetischer Veranlagung und Umweltfaktoren. Das bedeutet: Du kannst nichts dafür. Keine schlechte Ernährung, keine falschen Entscheidungen, kein zu stressiger Lebensstil haben dich „krank gemacht“.

Jüngste Studien belegen, dass MS vor allem bei den Nachfahren europäischer Hirtenvölker auftritt. Deren Gene haben sie durch ein besonders aufgewecktes Immunsystem davor bewahrt, sich bei ihren Schaf- und Rinderherden anzustecken. Hier kannst du das genauer nachlesen.

Es scheint außerdem einen Zusammenhang zu geben zwischen dem Epstein-Barr-Virus, das Pfeiffersches Drüsenfieber verursacht, und einer Jahre später auftretenden MS (hier findest du mehr dazu). Das kann ich persönlich bestätigen – als Jugendliche hatte ich Pfeiffersches Drüsenfieber, weil das bei uns an der Schule umging, und mit 30 wurde MS diagnostiziert.

Behandlung: Keine Heilung, aber viele Möglichkeiten

MS ist zwar nicht heilbar, aber gut behandelbar. Es gibt mittlerweile zahlreiche Medikamente, die das Fortschreiten der Krankheit bremsen und die Häufigkeit von Schüben verringern können. Außerdem helfen Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Psychotherapie dabei, den Alltag zu meistern.

Und ganz ehrlich: Es ist okay, wenn du nach der Diagnose erst mal total überfordert bist. MS zu haben, ist eine Lebensumstellung. Aber sie bedeutet nicht das Ende von allem, was du liebst.

Leben mit MS: Mein persönlicher Alltag

Hier auf meinem Blog erzähle ich regelmäßig davon, wie MS mein Leben beeinflusst – und wie ich damit umgehe. Wenn du tiefer in bestimmte Themen einsteigen möchtest, schau dir diese Beiträge an:

Dein Weg mit MS

Falls du gerade selbst betroffen bist oder jemanden kennst, der MS hat: Du bist nicht allein. Es gibt eine riesige Community von Betroffenen, die sich gegenseitig unterstützen, und zahlreiche Hilfsangebote. Lass dich nicht unterkriegen, und wenn du Fragen hast – schreib mir gerne!

Ich möchte hier im Blog in Zukunft noch mehr über MS schreiben, denn Aufklärung und Austausch sind mir wichtig und haben mir persönlich auch schon wirklich viel geholfen. Meine Beiträge helfen dir dir hoffentlich oder können dich inspirieren – sei es durch praktische Tipps, ehrliche Einblicke oder einfach ein bisschen „Du bist nicht allein“-Gefühl.

💛 Du bist mehr als deine MS. 💛

8 Kommentare zu „Was ist Multiple Sklerose (MS)?“

  1. Hallo liebe Anne,

    im Jahre 2014 bekam ich auch die Verdachtsdiagnose MS! Ich wurde direkt untersucht, mit Lumbalpunktion. Ich sag´s dir, das war richtig eklig. Das kennst du ja dann wahrscheinblich auch.

    Ich war geschockt und dachte mir so, warum ich? Habe ich nicht schon genug Mist im Leben erlebt? Warum jetzt auch noch MS? Ich war so wütend.

    Ich glaube das war so: Laut Kopf hätte ich MS und laut Gehirnwasser nicht. Oder genau andersrum. Ich weiß das nicht mehr genau.

    Daher wurde mir gesagt, dass die Diagnose zum Glück nicht bestätigt werden konnte.

    Ich war soo erleichtert. Ich sags dir. Aber ich muss auch sagen, früher dachte ich auch, durch MS kann man sterben.

    Ich habe mich damit nie wirklich befasst, auch nicht, wo ich sie als Verdachtsdiagnose bekam.

    Jedenfalls ist es echt toll, wie du mit der Krankheit umgehst. So offen und so ehrlich zu dir selbst auch.

    Gerade der letzte Satz ist toll. Du bist mehr als deine MS!

    Liebe Grüße, Anja

    1. Hallo Anja,

      puh, diese Diagnose wünsche ich wirklich niemandem sonst.
      Ist bei dir denn rausgekommen, was es anstelle der MS ist? Ich hoffe auf jeden Fall, dass es dir soweit wieder gut geht. <3

      Die Lumbalpunktion fand ich auch grausam. Gar nicht mal die Punktion selber, sondern die Kopfschmerzen und Kreislaufprobleme jenseits von Gut und Böse, die ich davon bekam. Ich war drei Tage lang völlig ausgeknockt und konnte eigentlich nur im Bett liegen, die anderen Untersuchungen in der Zeit waren eine Qual. Bei mir hat man da leider auch Anzeichen für MS gefunden, also sowohl in der Rückenmarksflüssigkeit, als auch im MRT und dann kam noch dazu, dass meine Bauchhautreflexe komplett erloschen sind (wusste ich vorher auch nicht 😀 ).

      Liebe Grüße
      Anne

      1. Hallo Anne,

        da fragst du was … Ich weiß es nicht o_o
        Irgendwo habe ich noch Unterlagen gehabt, müsste ich mal von einem neuen Neurologen erklären lassen. Aktuell habe ich keinen.

        Meiner hatte nämlich aufgehört.

        Ich weiß nur, dass ich Entzündungsherde im Kopf hatte und die jetzt vernarbt sind oder so.

        Bei mir war die Punktion das schlimmste. Ich meinte zum damaligen Arzt, das ich ihn nicht mehr mag XD Ich war soo wütend. Ich glaube aber er hats auch nicht ganz korrekt gemacht. Ich spürte alles, einfach alles, sogar bis zu meinen Fußspitzen. ._.

        Wenn mich jemand fragen würde, ob ich nochmal eine Punktion machen möchte, ne danke. Es sei denn es wäre Lebensnotwendig.

        Liebe Grüße, Anja

        1. Ja, solche Läsionen (also Vernarbungen) sind typisch bei MS, können aber auch andere Ursachen haben und ggf. auch gar keine Symptome verursachen.

          Wow, das klingt super schmerzhaft… irghs.

    2. Ich hatte auch schon eine Lumbalpunktion und hatte alles gespürt, wie ein Blitz vom Fuß bis ins Gesäß, aber am schlimmsten waren die Symptome danach, musste danach auch ins Krankenhaus, war ca. zwei Wochen ausgenockt, leider hat sie auch nicht so viel gebracht, weil danach wusste man immer noch nicht ob es nun Narkolepsie oder Hypersomnie ist.

      Interessant finde ich das einige Symptome auch auf andere Erkrankungen passen würden, wie z.B. auch Narkolepsie. Ist es auch ein langer Weg bis zur Diagnose? Erkennt man es nicht sofort?

      1. Hallo Edeline,

        puh, da hast du ja auch schon einiges durch. Wie es mit der Diagnostik anderer Erkrankungen ausschaut, weiß ich nicht, bei MS kann es aber mitunter ein wirklich langer Weg sein, weil die Symptome so unterschiedlich und teilweise unspezifisch sind (Fatigue beispielsweise – das wird gern ganz schnell auf die Psyche geschoben). Ich hatte echt Glück, dass das bei mir innerhalb einer Woche über die Bühne ging.
        Am Ende war es halt auch ein Puzzle aus unterschiedlichen Befunden, was die Diagnose gesichert hat: die im MRT sichtbare Sehnerventzündung, damit einhergehend eine verzögerte Nervenleitgeschwindigkeit bei einem Test namens VEP / Visuelle evozierte Potentiale, andere alte Läsionen, die sogenannten oligoklonalen Banden im Liquor (quasi Rückstände anderer früherer Entzündungen des ZNS), erloschene Bauchhautreflexe, etc. In der Diagnostik wurden aber auch andere Gründe wie bspw. Borreliose ausgeschlossen.

  2. Ich danke dir für diesen Artikel. Ich habe auch jemanden in der Familie mit der Diagnose und es ist manchmal schwer nachzuvollziehen, was da los ist. Ich finde es allgemein immer wichtig und gut, wenn in solchen Bereichen aufgeklärt wird.

    1. Von Herzen gerne – ich finde es halt umgekehrt auch bei anderen Erkrankungen wichtig (und spannend), aus Betroffenensicht zu erfahren, wie sich das anfühlt, welche Unterstützung hilft und welche vielleicht auch nicht, und so weiter. Daraus erwächst einfach mehr gegenseitiges Verständnis und es werden Barrieren abgebaut.

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