Amphi-Festival 2008

Amphi-Festival 2008

An ungewöhnliche Outfits ist der Kölner, seines Zeichens Karnevalist durch und durch, ja nun wirklich gewöhnt. Aber die unzähligen schwarzen Gestalten, die an diesem Wochenende des 19. und 20. Juli an allen Ecken und Enden der Stadt auftauchten und gen Tanzbrunnen strömten, sorgten dann doch für den ein oder anderen erstaunt-neugierigen Blick.

Dieser Bericht ist ursprünglich für mein Online-Musikmagazin BlackLive.de entstanden, das ich von 2008 bis 2013 geführt habe. Damit die Bilder und Texte nicht auf meiner Festplatte verstauben, habe ich sie 2025 hierher zurückgebracht.

Längst hat sich das Amphi-Festival, das dieses Jahr zum vierten Mal in Folge stattfand, als ein bedeutendes Festival in der Szene etabliert. Bands und Besucher aus der ganzen Welt fanden sich in Köln ein, um gemeinsam ein schwarzes Wochenende zu verbringen.
Eine Woche vor Beginn waren die Tickets bereits nahezu komplett ausverkauft – anbetrachts des hochkarätigen Line Ups eigentlich kein Wunder.

Seinen Namen verdankt das Festival der Location, an der es 2004 erstmalig seine Pforten öffnete: dem Amphitheater in Gelsenkirchen. Seit 2005 findet das Amphi-Festival nun aber am Kölner Tanzbrunnen statt, direkt gegenüber des Doms am benachbarten Ufer des Rheins gelegen.
Gesponsort wurde das Festival auch in diesem Jahr wieder durch das bekannte Szenemagazin Orkus.

Heuer bot sich den Besuchern neben den beiden regulären Festivaltagen am 19. und 20. Juli zudem als Schmankerl im Vorraus ein Fußballspiel der besonderen Art: Musiker und Fans traten in der Soccer World-Halle in Köln Lövenich im Rahmen des Amphi-Cups gegeneinander an. In zehn Partien spielten Besucher (die sich im Vorraus hatten bewerben können), Sponsoren, Medienpartner und Veranstalter gegeneinander. Stars wie Eskil und Joakim von Covenant, Jens und Gerrit von Funker Vogt sowie Musiker von Zeraphine, Melotron oder Project Pitchfork gaben ihr Bestes und zeigten, was sie so an Ballgefühl hatten.
Dass der ein oder andere Spieler dabei humpelnd das Feld verließ, tat dem Spaß jedoch im Großen und Ganzen keinen Abbruch.
Ein Teil des Erlöses, zwei Euro pro verkauftem Ticket, kommt dem Kinderhospizdienst Köln zu Gute – sportlich!

Ortswechsel: von Köln-Lövenich verlagerte sich der Ort des Geschehens nun nach Deutz an den Tanzbrunnen.

Das dortige Festivalgelände erstreckte sich auf einem großzügig bemessenen Gebiet und wartete mit zwei Bühnen auf – der Mainstage unter freiem Himmel sowie der Bühne im Theatergebäude. So konnte man eine umfangreiche Auswahl an Bands präsentieren, die es dem geneigten Besucher teilweise wirklich nicht einfach machte, sich für eine der beiden Bühnen zu entscheiden. Insbesondere bei den Auftritten im Theater empfahl es sich, rechtzeitig an Ort und Stelle zu sein, um sich einen guten Platz zu sichern, zumal die Schlange am Eingang jedesmal beträchtliche Ausmaße annahm.

Wen es denn einmal nicht zu einer der beiden Bühnen zog, der konnte eine ausgiebige Shoppingrunde einlegen und die zahlreichen Merchstände mit einem Besuch beehren, oder aber ein besonderes Highlight dieses Festivals unters Auge nehmen: den Beachclub.
3500 Quadratmeter Sandstrand, dazu eine Beachbar und chillige Liegestühle am Ufer des Rheins – wenn das für Grufties mal keine Abwechslung bedeutet. 😉

Hervorzuheben ist auf jeden Fall die gute Organisation des Festivals: zwei Shuttlebusse verkehrten zwischen den Campingplätzen und dem Tanzbrunnen, Fahrrad-Rikschas standen bereit, um die Besucher elegant von A nach B zu befördern. Für richtige (!) Toiletten in genügender Anzahl war ebenso gesorgt wie für eine kostenlose Versorgung mit Trinkwasser.
Zudem bot das Dunkel-Volk-Forum einen besonderen Service an seinem Stand direkt in der Nähe des Eingangsbereiches: Fundsachen wurden hier verwahrt und bei Bedarf konnte man – natürlich kostenlos – Bahnverbindungen und Taxis in Erfahrung bringen. Wer sich an der Umfrage zum Festival beteiligte, dem bot sich die Chance auf einen Gewinn attraktiver Preise, die das Leverkusener Shadow beisteurte.

Samstag, 19. Juli

Offiziell ging es denn schließlich samstags um halb elf im Theater los. Hier präsentierten Welle: Erdball ihren Film „Operation: Zeitsturm“ und stimmten die Besucher somit bereits auf ihren später am Tag stattfindenden Auftritt ein. Ich wohnte der Filmaufführung erst am darauffolgenden Vormittag bei, sodass ich an dieser Stelle einfach mal auf die Schilderungen des nächsten Tages verweise.

Von 12 Uhr an spielten Mina Harker, ihres Zeichens der Orkus-Newcomer 2008, als erster Act des diesjährigen Amphi-Festivals eine halbe Stunde lang auf der Mainstage.

Direkt im Anschluss daran ging es im Theater mit Noisuf-X und elektronischen Klängen weiter, denen ebenfalls nur dreißig Minuten Spielzeit zur Verfügung standen. In dieser Zeit spielten sie unter anderem „Hit Me Hard“ und „Tinitus“, welche die Menge zum Kochen brachten. Besonders hervorzuheben wäre an dieser Stelle noch jener Fan, der seiner Freundin auf der Bühne einen Heiratsantrag machte. Daran sieht man mal wieder, dass Romantik von jedem anders empfunden wird… 😀

Constance Rudert ist dem ein oder anderen sicherlich bereits von Blutengel her ein Begriff, bei denen sie als Co-Sängerin aktiv ist. Mit Cinderella Effect ging die rothaarige Dame denn nun auf der Hauptbühne mit ihrem anderen Projekt an den Start, zusammen mit Corale Thomas und Katja Gutowski.
Das Konzept: Coverversionen bekannter Hits mit der Rudert’schen Stimme wiedergeben: von Zeromancers „Clone Your Lover“ über das großartige „Zombie“ von den Cranberries (das sich aber meiner Meinung nach längst nicht mit dem Original messen konnte…) bis hin zu Stücken wie „Summer Wine“ schlug man musikalisch einen recht großen Bogen und verlieh den Songs teilweise einen sehr eigenen Anstrich. (Wobei die Gesangsdarbietung von Frau Rudert – hier nun in voller Pracht zu hören und nicht gnädig überlagert – ohnehin „eigen“ zu nennen ist. Ahem.)
Ergänzt wurde die Setlist schließlich durch die eigene Komposition „Wenn die Liebe ein Engel ist“.
Insgesamt ein wohlgefälliger Auftritt, der mich aber nun nicht gerade vom Hocker zu reißen vermochte.

Während Cinderella Effect ihren letzten Song anstimmten, betraten im Theater Nachtmahr die Bühne.
Einen dezenten Stilwechsel gab’s hier nun auf die Ohren, steht Thomas Rainers (seines Zeichens Sänger von L‘Âme Immortelle) Projekt doch für elektronische Härte und ist somit eindeutig Geschmackssache. Auf die Rückwand der Bühne projizierte man während des 40minütigen Auftritts als passende optische Untermalung Schlachtszenen und Zitateinblendungen, während drei Mädels tanzten und Thomas Rainer durch einen Keyboarder unterstützt wurde.

Anschließend hieß es, zur Mainstage zu flitzen, um ja nicht den Auftritt der charismatischen Jungs von Zeromancer zu verpassen. Wie bereits beim Zita-Rock-Festival, wo wir die fünf bereits Ende Mai gesehen und gehört hatten, heizten diese ihrem Publikum ordentlich ein ud sorgten mit Hits wie „Need you like a Drug“, „Clone Your Lover“ oder dem eigentlich schon zum Pflichtprogramm gehörenden „Doctor Online“ für eine erstklassige Stimmung. Zwischendurch flocht man immer wieder neuere Stücke wie „I‘m Yours to Lose“ in die Setlist ein.

Das Wetter war uns an diesem Tag mit Sonnenschein und Temperaturen um die zwanzig Grad noch wohlgesonnen, sodass man allmählich ins Schwitzen kam.

Unterdessen ging es im Theater weiter mit Grendel, ein Duo aus Holland, welches seinen Bandnamen aus der Sage um Beowulf entlehnt hat. Grendel stellten unter Beweis, dass sie nicht nur namentlich, sondern auch als Live-Band einem Monster gleichen. Die Show war sehr energiegelden und die Setlist umfasste Tracks aus ihrer kompletten Schaffensphase, unter anderem den Hit „Soilbleed“ und sorgte für eine tanzende Menge.

Weiter ging es mit dem schwedischen Boy-meets-Girl-Duo Ashbury Heights.
Ashbury Heights waren als Überraschungsband zum Amphi-Festival-Lineup hinzugefügt worden, was viele Fans des Elektropops sicher gefreut hat. Die Band brachte überwiegend Lieder aus ihrer aktuellen EP „Morningstar In A Black Car“ und hatte dabei sichtlich Freude.

Auf der Mainstage machten sich Welle: Erdball fertig zum Alarmstart und bescherten den Fans einen erstklassigen, energiegeladenen Auftritt. Dies verwundert insofern nicht, als dass die Truppe um den charismatischen Honey (der im Übrigen die Mainstage des Amphi-Festivals moderierte) für ihre hervorragenden Bühnenshows bekannt sind.
Auch dieses Mal hatte man sich wieder etwas Besonderes einfallen lassen: im Hintergrund der Bühne war eine große Plane aufgespannt, die im Verlauf des Auftritts mit Bildern und Slogans besprayt wurde.
Zu hören gab es unterdessen Hits wie „Arbeit adelt“ und „Wir wollen keine Menschen sein“, auch der „Starfighter F104-G“ durfte natürlich nicht fehlen.

Im Anschluss daran folgte auf der Hauptbühne der Auftritt von Zeraphine. Die Formation um Sänger Sven Friedrich (den dem geneigten Hörer auch durch seine anderen beiden Projeke, die Dreadful Shadows sowie Solar Fake ein Begriff ist) spielte binnen 50 Minuten ein sattes Programm, das die Fans begeisterte und natürlich nicht auf Songs wie „Be My Rain“ oder „Die Wirklichkeit“ verzichtete.

Zeraphine @ Amphi-Festival 2008

Im Theater spielten währenddessen Haujobb ihr Abschiedskonzert. Damit verliert die Elektroszene nun eines ihrer kreativsten Projekte – Haujobb veröffentlichten ihr erstes Album 1993, weitere 14 Alben folgten bis 2008.
Der Auftritt selber badete den Zuschauer in den verschiedensten Stimmungen und sorgte zusammen mit Daniel Myers charismatischem Auftreten für einen bleibenden Eindruck. Letzteren würden wir später am Tag noch einmal erleben dürfen, alldieweil er seit Neuestem Mitglied bei Covenant ist.

Danach spielten Tactical Sekt Industrial mit Noise- und Techno-Einflüssen, ich zog dieser recht düsteren Location jedoch die Hauptbühne vor und wohnte dem Auftritt der Schweden von Covenant bei.

Sänger Eskil Simonsson, Joakim Montelius und Daniel Myer lieferten denn auch – im Falle Joakims dank des Amphi-Cups humpelnderweise auf Krücken – eine erstklassige Show ab, eröffnet von „Monochrome“, und begeisterten damit die unzähligen Fans, die allesamt tanzten, klatschten und den Musikern zujubelten.
Im Laufe der folgenden Stunde reihte sich denn mit „20 Hz“, „Dead Stars“, „Invisible And Silent“, „We Stand Alone“ oder „Ritual Noise“ ein Hit an den nächsten. Eskil und die Seinen zeigten sich denn auch sichtlich gutgelaunt anbetrachts des feiernden Publikums.
Gegen Ende des Auftritts meinte auch Petrus, sich äußern zu müssen, und ließ einen Regenschauer über dem Festivalgelände niedergehen – der Begeisterung tat dies jedoch keinen Abbruch.

Mit Rotersand betrat nicht etwa ein Leuchturm, sondern die Elektroband aus Deuschland die Alternative-Stage des Theaters. Gespielt wurden unter anderem „Electronic World Transmission“, „Merging Oceans“, „Exterminate, Annhilate And Destroy“ sowie eine neue Version von „I Cry“, welche auf dem im September erscheinenden Album zu finden sein wird.

Somit hatte auch die Theaterbühne für den Rest des Abends eine erstklassige Besetzung im Angebot, wenngleich es mich mehr zur Mainstage mit Deine Lakaien und dem Headliner Oomph! hinzog.

Alexander Veljanov wurde von den wartenden Fans frenetisch begrüßt, als er schließlich gemeinsam mit Ernst Horn die Bühne betrat. Ein Best-Of-Programm von Deine Lakeien sollte den Fans heute dargeboten werden, was mich im Vorfeld zu der Frage bewegte, wie man wohl die Crème de la crème aus nunmehr dreiundzwanzig (!) Jahren Bandgeschichte innerhalb von siebzig Minuten versammeln sollte. Gelungen ist dies denn schließlich mit vielen Klassikern wie „Coulorize“ , „Over and Done“, „Generators“ oder „Where You Are“. Begleitet wurden Veljanov und Horn dabei, wie üblich bei Live-Auftritten, von einer Cellistin sowie Violine und einem E-Bass.
Es mag wohl niemanden gegeben haben, bei dem beim abschließenden „Love me to the End“ nicht eine Gänsehaut aufkam…

Deine Lakaien @ Amphi-Festival 2008

Einen recht herben Stilwechsel bedeutete der nun anschließende Auftritt von Oomph! – wobei Deine Lakaien an sich einen sehr schönen Ausklang des ersten Festivaltages abgegeben hätten. Aber nun gut.

Frei nach dem Motto „Weiß ist das neue Schwarz!“ betrat schließlich um halb neun der Oomph’sche Sänger Dero die Bühne ganz in Weiß gekleidet, mit ihm seine Mitstreiter Crap und Flux. Wie es sich für den Auftritt des Headliners geziemt, war der Bereich vor der Bühne denn auch brechend gefüllt mit begeisterten Fans. „Das letzte Streichholz“ oder das eigentlich schon unvermeidliche „Augen auf!“ wurden von selbigen ziemlich überdreht aufgenommen, ebenso wie „Gekreuzigt“ und „Fieber“. Die „Brennende Liebe“ durfte natürlich in der Setlist nicht fehlen, auch nicht die „Schlinge“ und „Das weiße Licht“.

Oomph! @ Amphi-Festival 2008

Denkt man an Dinge wie den Auftritt beim Bundesvision Song Contest 2007 oder den ersten Platz in den Charts mit „Augen auf!“ drei Jahre zuvor, so liegen die ewigen „Das ist aber Mainstream…“-Kritiker nicht ganz falsch.
Wie dem auch sei, Dero und die Seinen brachten das Publikum ordentlich zum Abgehen und bescherten ihren Fans vor der Mainstage damit einen gelungenen Abschluss des Abends.

Währenddessen beschlossen im Theater Combichrist den Abend schließlich mit einer großartigen Show im Theater, die keine großen Wünsche offen ließ:
Gespielt wurden alle großen Hits der norwegischen Industrialband. Die Stimmung im Publikum kochte und im Theater wurde es so immer heißer. Das Publikum tanzte und feierte und auch, als Combichrist gegen 22 Uhr 30 die Bühne verließen, wurde es nicht müde, weiter Zugaben zu fordern – welche dann in Form von „Blut Royale“ und „This Shit Will Fuck You Up“ nochmals letzte Energiereserven mobilisierten.

Sonntag, 20. Juli

Am Sonntag hieß es für uns, früh aufzustehen, damit wir rechtzeitig um halb elf zu der Vorführung des bereits erwähnten Welle: Erdball-Films „Operation: Zeitsturm“ im Theater sein würden.
Trotz der für ein Festival recht ungewohnten Uhrzeit hatten sich dort dennoch relativ viele (wenngleich teilweise noch gähnende und etwas mitgenommen aussehende) schwarze Gestalten versammelt. Es war genügend Platz vorhanden, um es sich auf dem Fußboden gemütlich zu machen und die anderthalbstündige Filmvorführung so entspannt zu erleben.

Die beiden Herren und die beiden Damen von Welle: Erdball haben hier nicht nur das Drehbuch entworfen und die Musik beigesteuert, sondern stehen denn auch gleich selbst vor der Kamera: während des NS-Regimes wird der Wissenschaftler Dr. Alois Haber in einem Bunker dazu gezwungen, eine Zeitmaschine zu erfinden, um trotz aller widrigen Umstände einen Sieg der Nazis gewährleisten zu können. Doch das Transformieren von Lebewesen will und will nicht gelingen – die Ereignisse überstürzen sich; die Tochter des Wissenschaftlers wird in die Maschine gestürzt und kann von ihm nicht mehr zurückgeholt werden, als die Nachricht vom Scheitern der Nazis den Bunker erreicht, wird dieser von innen versiegelt und die darin befindlichen Soldaten hingerichtet. Doch dem Wissenschaftler gelingt, schwer verwundet, die Flucht, und er schleppt sich zu einem nahegelegenen Haus, wo er seine Aufzeichnungen sorgsam versteckt. Darin wendet er sich an niemand anderen als Dr. G Linde alias Honey. Die Bitte, seiner Tochter durch die Zeit hinweg zu helfen und sie zu befreien, erreicht diesen schließlich, als er bei sich auf dem Dachboden aufräumt.
(Der Anblick der unzähligen Commodore 64s in selbigem Raum sorgte für deutliches Grinsen bei den Zuschauern 😉 ).

Ob und wie den Damen und Herren von Welle: Erdball die Rettung der jungen Frau gelingt und wie die Handlung weitergeht, das könnt ihr euch bald selbst anschauen: die Veröffentlichung der DVD steht kurz bevor. Prädikat: absolut empfehlenswert, nicht nur für eingefleischte Welle-Fans!

Für uns hieß es nun, aus dem angenehmen Halbdunkel des Theaters hinauszutreten in die grelle Mittagssonne. Noch etwas geblendet stolperten wir hinüber zur Mainstage, um den Auftritt der Mediaeval Babes zu sehen. Die im Vergleich zu den restlichen Acts des Festivals sanften und wohlklingenden Melodien bildeten einen angenehmen musikalischen Auftakt des Tages. Auch das Auge konnte sich angesichts der sechs Damen in ihren grünen Gewändern, die zu den mittelalterlichen Klängen tanzten und ihre Mikroständer mit Efeuranken dekoriert hatten, erfreuen.

The LoveCrave vermochten mich mit ihrem an sich recht soliden Rock nicht wirklich zu überzeugen, sodass die Auftritte der Italiener von Spiritual Front und von Spectra*Paris auf der Theaterbühne eindeutig besser abschnitten.

The LoveCrave @ Amphi-Festival 2008

Letzteres ist das All-Girl-Projekt der wunderbaren Elena Fossi, die man bereits von Kirlian Camera her kennt (und, zumindest in meinem Falle, auch liebt 😉 ). Das Zusammenspiel von Songs auf hohem musikalischen Niveau, einer nahezu perfekten Lichtshow (unterstützt durch Videoprojektionen, etwa aus dem Film „Clockwork Orange“) und dem sehr erotischen Auftreten Frau Fossis bildete einen unbestrittenen Höhepunkt der beiden Festivaltage.

Wie es die zeitliche Verteilung auf den beiden Bühnen so wollte, blieb jedoch leider keine Zeit, um Spectra*Paris bis zum Ende beizuwohnen. Vielmehr machten wir uns auf den Weg in Richtung Mainstage, wo die Jungs der Letzten Instanz als nächstes auftreten würden.
Wie erwarten heizten diese dem Publikum dann auch ordentlich ein und steckten es mit ihrer guten Laune eindeutig an. So, wie die sieben Musiker zum größten Teil barfuß über die Bühne hüpften und sprangen, tanzte, klatschte und sang man auch vor der Bühne begeistert mit. Als besonderes Schmankerl hatten man ein Cover des Alice-Cooper-Klassikers „Poison“ im Gepäck, das die ohnehin schon großartige Stimmung noch einmal steigerte.
Spätestens jetzt war von der morgendlichen Müdigkeit nichts mehr übrig!

Auf die Letzte Instanz folgten auf der Hauptbühne Das Ich, denen ich den Vorzug gegenüber Cinema Strange im Theater gab. Wie man es von den Auftritten der beiden Herren Kramm und Ackermann plus Live-Keyboarder her kennt, dominierte die Bühne eine sperrige Metallkonstruktion. An den beiden beweglichen Flügeln waren die Keyboards angebracht, sodass Bruno Kramm und Kain diese während des Auftritts vor- und zurückschieben konnten. Währenddessen wirbelte Sänger Stefan Ackermann, den ausgezehrt wirkenden Körper wie gewohnt rot angemalt und nur mit einer eng anliegenden orangen Hose bekleidet, umher und beeindruckte das Publikum einmal mehr mit seiner großartigen Mimik und Gestik.
„Gottes Tod“, „Sodom und Gommorrha“ oder „Kain und Abel“ brachten die Stimmung zum Überkochen, was letzlich nur noch durch das obligatorische „Destillat“ übertroffen werden konnte. Was für ein Auftritt!

Anschließend beeilten wir uns, um im Theater zumindest die zweite Hälfte von Lacrimas Profundere erleben zu können.

Während wir im Theater also einem atmosphärisch sehr dichten Auftritt beiwohnten, ging es draußen derweil mit Gruftie-Gesäusel auf höherem Niveau à la L‘Âme Immortelle weiter. Derjenige, welcher für das Wetter verantwortlich zeichnet, kommentierte selbiges übrigens mit einem kräftigen Regenguss – das deute, wer will. 😉

Gegen halb sechs zogen auf der Hauptbühne dann jedoch eindeutig härtere Klänge auf: mit einer Band, die sich selbst als „Tokio Hotel“ ankündigte. WTF? Es waren natürlich Suicide Commando, die dem Publikum ordentlich einheizten. Dass „Bind Torture Kill“ den Anfang machte, war irgendwie klar. Johan van Roy und die Seinen legten einen derart gelungenen Auftritt voller Härte und Dynamik hin, dass es eine helle (oder vielmehr: dunkle!) Freude war.

Suicide Commando @ Amphi-Festival 2008

Im Theater spielten währenddessen Soko Friedhof sowie Clan Of Xymox.

Project Pitchfork traten kurz vor sieben auf der Mainstage auf, und die Tatsache, dass sie ohnehin nahezu das gesamte Festivalgelände beschallten, ließ mich dann erst einmal einen ausgiebigen Shoppingbummel einlegen. Besonders gut verkauften sich heuer übrigens die Regenschirme am Zillo-Stand, die dann doch um Einiges kleidsamer waren als die am Dunkel-Volk-Stand dargebotenen weißen Regencapes.

Im Theater spielten unterdessen Eisbrecher.

Als letzter Act auf der Hauptbühne waren And One schließlich an der Reihe. Auch diesen Auftritt konnte man leider nicht in seiner vollen Länge genießen, wenn man denn die famosen Diary Of Dreams im Theater sehen wollte. So musste ich mich mit einer viel zu kurzen Viertelstunde And One begnügen.

Im Theater stand man bereits dicht gedrängt, als mit neun Uhr der Beginn des Diary Of Dreams’schen Auftrittes näher rückte. Obgleich ich die Formation um Adrian Hates bereits mehrfach live erleben durfte, kann man davon meiner Meinung nach schlichtweg nicht genug bekommen.
Auch dieses Mal sollte das Publikum nicht enttäuscht werden: nach dem Opener „Nekrolog 43″, bei dem man wie gewohnt schwarze Kapuzenmäntel trug und die Klänge sich mit dem Nebel und dem zumeist blau-grünlichen Licht zu einer atemberaubenden Atmosphäre vermischten, folgte eine – wie sollte es auch anders sein – hochkarätige Setlist.
„Wirst du mich nie versteh‘n…/ wirst du denn nie versteh‘n…/ hast du noch nie geseh‘n…/ wie meine Augen glitzern…“ – „Traumtänzer“ war nur eines der vielen großartigen Stücke diesen Abends.
„She And her Darkness“, „The Plague“, „Chemicals“ oder „MenschFeind“ sorgten allesamt dafür, dass manch einer sich wünschte, der Auftritt würde niemals enden.

Diary of Dreams @ Amphi-Festival 2008

Leider musste er das, nach einigen Zugaben, dann doch irgendwann, und wer wollte, konnte anderthalb Stunden später dann noch die Show der legendären Krupps erleben.

So ging ein anstrengendes, aber großartiges Festivalwochenende zu Ende… wir sehen uns im nächsten Jahr!

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