Hausbau mit MS – was würde ich heute anders machen?

Hausbau mit Multipler Sklerose (MS)

2015 beschlossen wir, ein Haus zu bauen. 2016 stand im Zeichen der Bauphase, im Januar 2017 zogen wir ein – und neun Monate später erhielt ich im Alter von 30 Jahren die Diagnose Multiple Sklerose. Bämm!

Meine erste Reaktion war: ein Glück, dass das Haus zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits fertig war. Ich weiß nicht, ob ich mich mit dem Wissen um die MS auf so ein Projekt eingelassen hätte.

Und dann dachte ich: f*ck, hättest du die Diagnose mal eher bekommen – dann hättest du das Haus anders geplant. Mehr auf Barrierefreiheit geachtet. 🤦‍♀️

In diesem Beitrag erzähle ich dir, was ich beim Hausbau anders gemacht hätte, wenn ich damals schon von der Multiplen Sklerose gewusst hätte.
Das hilft dir hoffentlich, wenn du auch gerade mit dem Gedanken spielst, ein Haus zu bauen.

Grundsätzlich: Barrierefreiheit ist verdammt wichtig

Eigentlich immer. Wenn man ein Haus baut, will man ja meist sein ganzes künftiges Leben darin verbringen – auch im Alter möglichst ohne Einschränkungen. Oder auch als gesunder jüngerer Mensch, der vorübergehend mal ein Gipsbein hat.

Wir haben das Thema Barrierefreiheit bei der Planung unseres Hauses ehrlicherweise vernachlässigt und uns nur recht halbherzig damit beschäftigt, wie das Wohnen mit körperlichen Limits in einer gefühlt sehr weit entfernten Zukunft funktionieren könnte. Aus heutiger Sicht war das vermutlich ziemlich naiv. 😬

Denn gerade mit einer Erkrankung wie MS spielt die Barrierefreiheit in den eigenen vier Wänden natürlich nochmal eine viel größere Rolle. Nicht nur, weil Hilfsmittel wie ein Rollator oder Rollstuhl auch schon in jüngeren Jahren einfach nicht ganz so unwahrscheinlich sind wie bei gesunden Menschen. Symptome wie die gute alte Fatigue zeigen uns MS’lern halt auch an anderen Stellen gerne mal den Stinkefinger und wirken sich auf die Wohnsituation aus.

Weniger Wohnfläche

Gerade noch so relativ günstige Kredite und noch kein Materialmangel, keine Pandemie: wir haben ein ziemlich günstiges Zeitfenster zum Bauen erwischt. Durch viel Dämmung und eine Luftwärmepumpe ist unser Haus zudem energieeffizient. Dadurch haben wir es tatsächlich lieber etwas größer als zu klein geplant.

Rückblickend betrachtet hätte ich das Haus definitiv kleiner angelegt. Mal abgesehen davon, dass der Platz für zwei Leute doch mehr als großzügig bemessen ist – das will alles auch geputzt werden. Mit dem Keller kommen wir hier auf drei Etagen.

Auf der einen Seite sehe ich das Sauberhalten als ein Fitnessprogramm. Und Training hält mich schließlich auch in Sachen MS fit. Auf der anderen Seite geht für das Putzen aber auch eine ganze Menge Kraft und Energie 🥴 drauf, die mir dann für andere Sachen fehlt.

Weniger Kredite

Der vorherige Punkt geht Hand in Hand mit diesem hier: mit dem Wissen um meine MS-Diagnose hätten wir das Haus auch kostentechnisch kleiner dimensioniert. Wir haben definitiv kein Luxushaus gebaut, aber auch ein „normales“ Einfamilienhaus ist heutzutage einfach schweineteuer.

Als „Dinkies“ (double income, no kids) waren wir uns beim Planen sicher, dass ich die nächsten 40 Jahre in Vollzeit arbeiten werde und mein Mann ebenfalls noch eine ganze Weile lang. Die Kredite haben wir so geschnitten, dass sie mit dem Renteneintritt meines Mannes abbezahlt sind.

Tja.

Ich hoffe sehr, dass meine Gesundheit uns da keinen Strich durch die Rechnung macht.

Platz für einen Treppenlift

Wir haben ein Fertighaus gebaut, aber einiges am Grundriss verändert. Unter anderem haben wir einige Innenwände versetzt oder Türen anders positioniert.

Die Treppe ins Obergeschoss endet bei uns dadurch jetzt direkt an einer Tür – normalerweise wäre da noch ein Stück Wand gewesen und die Tür etwas weiter hinten direkt in der Ecke dieses Zimmers. Mein Mann hatte sich für dieses Zimmer aber ein Eckregal gewünscht und so versetzten wir die Tür weiter in Richtung Treppe.

Der Architekt wies uns darauf hin, dass dadurch kein Treppenlift montiert werden kann. Ich weiß noch, dass ich deswegen damals Bedenken anmeldete – und dachte dabei an meinen Mann, der ein paar Jahre älter ist als ich. „Ach was“, meinte der, „wenn ich so alt bin, dass ich die Treppe nicht mehr hoch komme, dann ziehe ich ins Gästezimmer im Erdgeschoss.“ Niemals im Leben hätte ich dabei an mich selber gedacht.

Nochmal tja. 😶

Barrierefreie Türbreiten

Eine Türbreite von 80 Zentimetern gilt als barrierefrei. Ab einer Breite von 90 Zentimetern gelten Türen als „für Rollstuhlfahrer nutzbar“.

Die meisten unserer Türen sind tatsächlich 80cm breit – einige kommen allerdings auch nur auf 70cm. Beim Durchgehen fällt das nicht weiter auf, es wirkt nicht beengt. Aber rollstuhltauglich 👩‍🦽 sind sie damit nicht.

Das betrifft unter anderem ausgerechnet die Türen zum Gäste-WC und Gästezimmer im Erdgeschoss… also so viel zum Thema „wenn ich die Treppe nicht mehr hochkomme, ziehe ich ins Erdgeschoss“. 😬

Barrierefreiheit im Bad

Noch so ein Thema aus der Kategorie „wird mit Rolli schwierig“: im Erdgeschoss haben wir zwar eine Dusche, die sogar ebenerdig ist. Allerdings ist das Gäste-WC recht beengt und daher kommt auch die Dusche nur auf 80x80cm.

Die Dusche im Badezimmer oben ist größer – aber halt im Obergeschoss. Womit wir wieder beim Thema Treppe wären.

Barrierefreiheit in der Küche

Wir haben eine ganz normale Küche mit Arbeitsplatten, unter denen sich Schränke und Schubladen befinden. In Phasen, in denen ich mich nicht so lange auf den Beinen halten kann, stelle ich mir einen Stuhl in die Küche.

Sitze ich frontal, ist die Arbeitsplatte nicht nur relativ hoch, sondern auch relativ weit weg. Will ich näher ran, muss ich um 90° gedreht sitzen und das geht auf Dauer in den Rücken. Für einen Küchentisch fehlt leider der Platz, also koche ich entweder in einer unbequemen Haltung oder transportiere Dinge, die kleingeschnippelt werden wollen, erstmal alle an den Wohnzimmertisch.

Praktisch ist das nicht und noch so etwas, was ich rückblickend anders planen würde: entweder mit einem Küchentisch oder einer (niedrigeren) Arbeitsplatte, die an einer Stelle nicht unterbaut ist.

Bereue ich unseren Hausbau wegen der MS?

Nein, definitiv nicht. Ich liebe unser Zuhause! 🥰

Tatsächlich spornen mich das Haus und der Garten auch an, möglichst fit zu bleiben 💪 und mich darum noch lange kümmern zu können.

Ich denke, dass sich im Falle eines Falles auch irgendwelche Lösungen für neue Herausforderungen finden lassen. Vielleicht nicht ganz so elegant, wie wenn wir das Haus von vornherein barrierefreier geplant hätten. Aber irgendeinen Weg gibt es ja meistens.

Und generell bin ich auf einfach optimistisch veranlagt und drücke mir selber die Daumen, dass die MS weiterhin einen doch eher milden Verlauf nimmt und mich auch gar nicht mit so vielen Einschränkungen konfrontieren wird. 🍀

Falls du neugierig auf unseren Hausbau bist…

… dann empfehle ich dir an dieser Stelle mal einen Blick in meinen anderen Blog vom Landleben. Dort habe ich in der Kategorie Projekt Hausbau: wir bauen ein Danhaus! ausführlich über unseren Hausbau berichtet. 🙂

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