Auch im Oktober gibt es natürlich wieder ein Thema bei unserem Bloggerschnack: diesmal geht es um die Frage, was uns denn eigentlich fehlen würde, wenn wir nicht mehr bloggen könnten.
Beim Schreiben ist mir klargeworden, dass es für mich zwei ganz unterschiedliche Szenarien gibt, in denen das Bloggen nicht (mehr) ein Bestandteil meines Lebens ist:
- ein Gedankenexperiment, in dem ich überhaupt niemals angefangen hätte zu bloggen
- eine Zukunft, in der ich das Bloggen an den Nagel hänge und keinen Blog mehr führe
Ersteres ist abstrakter; wir reden hier davon, die Uhr mal locker um 20 Jahre zurückzudrehen. Mehr als mein halbes Leben. Die zweite Möglichkeit hingegen könnte potentiell durchaus eintreten.
Der Unterschied ist, dass ich im zweiten Fall etwas aufgeben würde, was ich im ersten nie gehabt hätte. Und genau dieses plötzliche Fehlen, diese entstandene Lücke an sich wäre schon komisch.
Was würde mir fehlen, wenn ich nicht mehr bloggen könnte?
Wir klammern jetzt mal mögliche Ursachen aus, warum ich vielleicht wirklich nicht mehr bloggen könnte, selbst wenn ich es wollte, weil die alle einen gewissen Albtraumtouch haben: kein Internet mehr aus Gründen von Krieg, Umweltkatastrophen und Co. etwa oder weil ich durch Krankheit oder Unfall körperlich und / oder mental schlicht nicht mehr dazu in der Lage wäre. Dann würden mir noch ganz andere Dinge fehlen als nur das Bloggen, das käme irgendwo unter ferner liefen.
Bleiben wir also beim freiwilligen Nicht-Bloggen: was wäre anders, wenn ich nicht mehr bloggen würde?
Ich nehme die Dinge anders wahr, wenn ich sie über einen Artikel mit anderen teilen möchte. Intensiver. Ich mache mir mehr Gedanken. Überfliege Hinweistafeln bei Ausflügen nicht nur flüchtig, sondern lese sie so aufmerksam, dass ich den Inhalt danach wiedergeben kann. Fotografiere Landschaften so, dass ich anderen mit meinen Bildern auch einen emotionalen Eindruck von diesem Fleckchen Erde vermitteln kann. Formuliere meine Gedankengänge aus, anstatt einfach nur ein paar Stichpunkte in meinem Bullet Journal zu notieren.
Ich gebe mir mehr Mühe mit den Dingen, wenn ich sie über die Blogs herzeige. Es spornt mich an. Wenn „da draußen“ jemand mitbekommt, ob ich an einer Challenge oder einem regelmäßigen Format dranbleibe, ob ich ein kreatives Projekt fertiggestellt habe oder nicht, dann bringe ich Sachen eher zu Ende, als wenn es außer mir eh niemanden interessiert und ich sie schulterzuckend auf die berühmten langen dunklen Winterabende verschieben kann, die bekanntlich ja doch irgendwie nie so müßig sind, wie sie es angeblich sein sollten.
Ich würde weniger reflektieren und mehr vergessen. Viele Erlebnisse würden wahrscheinlich nach und nach in einem bunten Strudel aus Erinnerungen verschmelzen und teilweise untergehen. Indem ich beispielsweise auf Ausflügen fotografiere und darüber blogge, achte ich nicht nur währenddessen mehr auf Details: wenn ich die Beiträge fünf oder zehn Jahre später nochmal lese, ist das wie eine kleine Zeitreise und ich erinnere mich wieder an lauter kleine Momente, an die ich so sonst wahrscheinlich nicht mehr gedacht hätte. Auch mit unserem Hausbau geht mir das so.
Ohne das Bloggen würde mir ein Stück meiner Identität fehlen. Dass ich mit Leidenschaft schreibe, fotografiere, an Code herumschraube, in der Erde wühle, … das alles würde quasi im stillen Kämmerlein geschehen. Und dadurch wiederum würde ich weniger Rückmeldungen bekommen, mich weniger weiterentwickeln und wachsen.
Sari vom Heldenhaushalt, die ja sogar noch länger bloggt als ich, hat das sehr schön ausgedrückt:
Damit wäre meine banale und kurz gefasste Antwort wohl: Mir würde ein Teil von mir fehlen. Natürlich gibt es auch eine lange Version und diese handelt von Selbstfindung, Selbsttherapie und Selbstvertrauen
Bloggerschnack im Oktober: Was würde mir fehlen ohne Bloggen?
Es gäbe nicht mehr diesen Austausch mit anderen Menschen außerhalb meines überschaubaren Freundeskreises im Leben 1.0. Und das würde mir unglaublich fehlen – so viele Ideen und Inspirationen, Tipps und Anleitungen habe ich über andere Blogs erhalten und ich hoffe, mit meinen Artikeln wiederum auch etwas an andere zurückgeben zu können. Durch das Bloggen sind wir Teil einer Gemeinschaft. 🫶
Was wäre, wenn ich aufhöre zu bloggen?
Ehrlicherweise muss ich aber auch sagen, dass ich mir ohne das Bloggen deutlich weniger Druck machen würde. Ich habe da ja doch ständig diesen Anspruch an mich selber, abzuliefern: neue Beiträge schreiben, bewerben, alte Beiträge überarbeiten und ebenfalls bewerben, hier etwas verbessern und da etwas umbauen, … puh. Es gibt immer etwas zu tun. I can do anything, but not everything, und das ist bisweilen schwer auszuhalten.
Natürlich ist das selbstgewählt. Ein Hobby. Niemand zwingt mich zum Bloggen und ehrlicherweise halten sich die Einkünfte auch so im Rahmen, dass mir kein riesiges finanzielles Standbein wegbrechen würde. Vielmehr hätte ich unterm Strich wahrscheinlich sogar mehr Geld, wenn die ganzen Ausgaben für Webspace, Domains, kostenpflichtige Plugins, Themes, SEO-Tools & Co., die sich ja doch irgendwann läppern, nicht mehr anfielen.
Ich könnte einfach aufhören.
Die Blogs verwaisen lassen, nichts mehr veröffentlichen. Vielleicht noch einen letzten „Tschüß, das war’s“-Beitrag verfassen. Oder die Domains einfach alle kündigen, Fehler 404, Inhalt nicht mehr gefunden.
Es wäre ein bisschen dramatisch. Vielleicht würde sich der ein oder andere fragen, was los ist. Zumindest hoffe ich das ein klitzekleines bisschen – vielleicht ist es auch allen egal oder fällt nicht mal wirklich auf. 😂
So oder so, es wäre wie ein digitaler Suizid.
Was man über mich und meine dann nicht mehr existenten Blogprojekte denkt, könnte mir herzlich wurscht sein. Die allerwenigsten Leser, Kommentarschreiber, ebenfalls bloggenden Mitstreiter kenne ich persönlich, es würde mich niemand darauf ansprechen und ich müsste mich nicht erklären oder rechtfertigen. Im Leben 1.0 würde es nicht sonderlich auffallen, wenn ich nicht mehr bloggen würde.
Google könnte sich seinen abschmierenden Pagerank und die wegbrechenden Backlinks sonstwo hin stecken, es könnte mir egal sein.
Aber es wäre mir nicht egal.
Im Laufe der Jahre habe ich mir mit meinen Blogs etwas aufgebaut. So wie damals als Kind mit Lego Stein für Stein ganze Welten entstanden sind… so ist jeder Satz, jeder Beitrag, jedes Blogprojekt etwas, das ich erschaffen habe. Artikel für Artikel habe ich mir mit jedem Blog einen Platz voll mit meinen ganz eigenen Gedanken, Worten und Fotos in diesem riesengroßen Internet aufgebaut. Etwas Eigenes.
Da hab ich was in der Hand. Und ich habe als Frau das Gefühl, dass ich auf eigenen Füßen stehe. Da hab ich was Eigenes. Da hab ich mein Jodeldiplom.
Loriot
😁
Ich habe mir Domainnamen ausgedacht, die anderen Menschen im Gedächtnis bleiben und die sie ansteuern, wenn sie dieses oder jenes suchen. Ich schreibe Beiträge, die anderen weiterhelfen, die ein Problem lösen, die inspirieren oder motivieren.
Dass es diese Blogs und diese Inhalte gibt, macht einen Unterschied. Neudeutsch ausgedrückt: es hat einen Impact.
Durch das Bloggen bin ich sichtbar. Was für einen eher introvertierten Menschen, der in größerer Runde nicht viel redet, eine ziemlich große Sache ist. Und das möchte ich nicht mehr missen.
Neben Sari vom Heldenhaushalt haben übrigens auch schon Julia und die Gedankenchaotin an diesem Bloggerschnack teilgenommen – bist du auch mit dabei? 🙂
Die Herangehensweise mit den zwei Szenarien finde ich ja auch spannend. Was wäre wohl, wenn ich niemals damit angefangen hätte. Und wie wir beide schon feststellten wäre definitiv ein Fazit, dass ich ein vollkommen anderer Mensch wäre. Total spannend.
Vermutlich wären, wenn generell weniger Menschen bloggen würden, gerade im kreativen Bereich viele Trends auch gar nicht erst groß geworden…
Das mit der Identität und mit dem Austausch kann ich nur nachvollziehen, auch wenn ich selber nicht an Codes herumschraube. Aber man wächst irgendwie an oder mit dem Blog und bekommt auch neue Kontakte 😀.
Ja, das stimmt… und einige Kontakte halten über Jahre und sogar Jahrzehnte. 🙂
Hallo,
das Thema finde ich spannend.
Ich selbst habe mal fast zwei Jahre nicht gebloggt, weil mir der Druck von Social Media einfach zu groß geworden ist. Ich habe es in der Zeit aber trotzdem sehr vermisst, merke ich gerade jetzt wieder. Mir hat einfach eine Plattform für meine Gedanken gefehlt.
Dir noch einen schönen Tag!
Liebe Grüße,
Saskia Katharina
Das mit Social Media ist halt auch nochmal eine Kiste als ein Blog… ich gebe Instagram gerade mal wieder eine Chance und das Erstellen der Inhalte macht ja auch wirklich Spaß. Aber wenn ich mich jetzt schon wieder frage, warum der Algorithmus dieses Reel anscheinend viel mehr ausspielt als jenes, ohne wirklich esichtlichen Grund… dann wächst da schon wieder meine Frustration und ich lobe mir den Blog, wo die Inhalte auch nach Jahren noch gefunden werden.