Am 31. Oktober feiern wir im Jahreskreis Samhain – dann, wenn die Tage merklich immer kürzer werden und die Dunkelheit allmählich Überhand nimmt.
Samhain befindet sich auf halber Strecke zwischen Mabon, der Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche am 22. oder 23. September, und der Wintersonnenwende am 21. Dezember.
Die Crux mit der korrekten Aussprache von Samhain
Als altes Fest der Kelten trägt Samhain einen irischen Namen. Für deutsche Zungen ist die Aussprache da nicht ganz so offensichtlich… vor allem, wenn man Samhain nur aus Büchern und sonstigen Texten kennt. 😀 Ich habe es daher lange „Säm-häin“ ausgesprochen, mittlerweile aber gelernt, dass es eher in Richtung „Sa-huin“ geht.
Woher kommt Samhain?
Übersetzt bedeutet Samhain „Das Ende des Sommers“, abgeleitet vom Irischen sam (Sommer – jap, darauf gehen auch das Englische summer und unser deutsches Wort „Sommer“ zurück) und fuin (Ende). Genau darum geht es – Abschied zu nehmen vom Sommer mit seiner Wärme und seinem Licht und sich auf den Winter vorzubereiten, auf Kälte und Dunkelheit.
Dafür muss man tatsächlich nicht sonderlich spirituell angehaucht sein, finde ich – wenn sich etwas so Elementares wie die Jahreszeiten verändert, dann hat das einfach Auswirkungen auf unser Leben und Befinden.
Ich mag den Ansatz, diesen Übergang bewusst wahrzunehmen. Die verschiedenen Abschnitte des Jahreskreises sind außerdem auch eine nette Anregung, sich mit jeweils unterschiedlichen Aspekten des Lebens zu beschäftigen.
Die Begegnung mit der Dunkelheit
Was die dunkle Jahreszeit jahrtausendelang bedeutete, wird für uns heute ja längst nicht mehr so krass spürbar. Klar, auf der Hunderunde tappe ich jetzt morgens und abends mit der Taschenlampe in der Hand los und drinnen wandert meine Hand schon fast reflexartig zum Lichtschalter.
Aber letztlich haben wir heutzutage den ganzen Winter hindurch um uns herum überall genügend Licht, um die Dunkelheit weitestgehend zurückzudrängen. Wie viele Lampen hast du allein in deiner Wohnung? Wie hell sind sie im Vergleich zu einer Kerze? Und wie viel Licht siehst du beim Blick aus dem Fenster?
Früher gab es nur den unstet flackernden Feuerschein. Kerzen waren kostbar, Brennholz oft genug ebenfalls ein rares Gut. Die Welt war viel dunkler als heute.
Unser Tagesablauf im Winter sieht eigentlich genauso aus wie der im Sommer – wir haben die gleichen Arbeitszeiten, gehen um die gleiche Zeit zum Sport, sitzen um die gleiche Uhrzeit am Rechner oder vor dem Fernseher. Wenn’s dunkel wird, machen wir halt das Licht an – fertig.
Kein Wunder, dass diese ganzen unliebsamen Arbeiten, die wir uns für die berühmten „langen, dunklen Winterabende“ vornehmen, gerne einfach liegenbleiben – unser Alltag sieht im Winter ja einfach nicht sonderlich anders aus als im Sommer.
Einerseits ist das natürlich saupraktisch – gleichzeitig geht uns dabei aber auch der natürliche Rhythmus verloren. Wir rennen im immer gleichen Tempo durch das Jahr, komme was da wolle.
Es tut gut, einfach mal ein Weilchen bewusst im Dunkeln zu sitzen oder spazieren zu gehen. Runterkommen, ohne Input dasitzen und beobachten, wie sich die anderen Sinne schärfen. Zugegebenermaßen ist es hilfreich, vorher nicht gerade einen Horrorfilm gesehen zu haben. 😀
Die dunkle Winterzeit ist eine Zeit der Herausforderung. In Zeiten von elektrischem Licht und Heizung ist uns das oft nicht mehr so bewusst, aber unsere Vorfahren mussten alles daran setzen, den Winter zu überstehen. Fiel die Ernte knapp aus, stand das nackte Überleben auf dem Spiel.
In Anbetracht unserer wie selbstverständlich übervollen Vorratsregale und Supermärkte darüber mal nachzudenken, rückt eine ganze Menge Dinge in ein anderes Licht. Wir haben es verdammt gut.
Die Begegnung mit den Ahnen
Wenn eine Sache endet und die nächste gerade erst beginnt, gibt es ja immer so eine etwas ungeordnete Übergangsphase, in der alles möglich scheint. Das Alte ist definitiv vorbei, das Neue fühlt sich noch ganz unwirklich an. Vielleicht blickt man ein bisschen wehmütig zurück und nimmt Abschied, gleichzeitig kribbeln die Finger schon vor Vorfreude – wir kennen dieses Gefühl vom Umziehen in ein neues Zuhause, von einem Jobwechsel oder auch von Silvester mit seinen knallenden Korken und dem Feuerwerk, wo wir den Klang der neuen Jahreszahl mit einem Schluck Sekt auf der Zunge probieren.
Die Jahreskreisfeste markieren solche Übergänge. Die Verbindungen zwischen den Welten der Lebenden und der Toten, zwischen unserer Welt und der Anderswelt, sollen dann durchlässiger sein als sonst. Die Kelten ehrten an Samhain ihre Ahnen und erbaten Kraft und Beistand von ihnen.
Das christliche Pendant, Allerseelen, wird nur zwei Tage später gefeiert. „Offiziell“ wurde der 2. November als der Tag, an dem der Toten gedacht wird, zwar erst im Jahr 935 vom Abt Odilo eingeführt – aber oft gehen christliche Feste ja auf heidnische Brauchtümer zurück.
Am 1. November feiern Christen außerdem Allerheiligen, was ursprünglich aber tatsächlich nicht mit Samhain zu tun hat: Allerheiligen ist ein eher aus praktischen Überlegungen „erfundener“ Gedenktag, weil es irgendwann zu umständlich wurde, jedem der diversen Heiligen einen eigenen Tag zu widmen. 😉 Ursprünglich wurde Allerheiligen um Ostern herum gefeiert, „erst“ im Jahr 835 legte Papst Gregor IV. Allerheiligen dann auf den 2. November.
Halloween, was gleichzeitig mit Samhain am 31. Oktober gefeiert wird, hat einen direkten Bezug zu Allerheiligen – „All Hallows‘ Eve“ steckt da im Namen.
Das Leben feiern & Pläne schmieden
Dunkelheit, Schwärze, der Tod – das klingt alles fürchterlich depressiv. Aber Samhain ist kein trauriger Anlass, im Gegenteil: das Lebendigsein wird bewusst gefeiert!
Letztlich ist ja tatsächlich stockduster, wenn so ein Leben beginnt, sei es jetzt im Bauch oder im Boden. Lange bevor eine Pflanze das erste zarte Grün der Sonne entgegenstreckt, hat ihr Same schließlich schon in der Erde Kraft gesammelt und im Dunkeln gekeimt.
Samhain ist also auch eine gute Gelegenheit, um sich Gedanken über die Zukunft und das nächste Jahr zu machen. Welche Samen sollen bald in deinem Leben (oder in deinem Garten) keimen?
Was du jetzt beschließt, kann in den kommenden Wochen in Ruhe sorgfältig überdacht und geplant werden. Spätestens im Frühjahr kannst du deine Pläne dann gut vorbereitet in die Tat umsetzen.